Uwe Timm: Am Beispiel meines Bruders (Damaris Oesch, 2)
Dieses Buch ist sehr gut, finde ich! Vor allem bewundere ich den Autoren, weil er so ehrlich berichtet und dadurch Sachen aufdeckt, die sicher nicht viele Deutsche einfach so sagen würden. Er berichtet über seine eigene Familie, über ihre eigene Schuld, er analisiert das Verhalten von seinem Bruder und auch von seinem Vater. Das ist sehr mutig. Die gesellschaftlichen Missstände werden schonungslos aufgedeckt. Wie enttäuscht der Vater war, als sein erstgeborenes Kind ein Mädchen war. Wie er sie ignorierte, allen Körperkontakt mit ihr vermied. Dafür vergötterte der Vater seinen Sohn. Das Mädchen musste immer zurückstehen, erfuhr nie Zärtlichkeit oder Liebe. Eben weil sie eine Frau war. Nicht viel Wert. Oder gar nichts. Auch geschockt hat mich, wie klar die Absichten, die Motive der Nazis ausgelegt werden. Wie weit sie zu gehen bereit waren, nur um ihren Egoismus und die Idee, "Herrenmensch" zu sein, zu verwirklichen. Wie es sein kann, dass morden legal wird. Und vor allem auch, wie diese Idee eine ganze Nation fesselte. Und wie der Vater den ehrer ruhigen, besonnenen Bruder dahin erzogen hat, dass er sich verpflichtet fühlte, sich freiwillig zur SS zu melden.
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